Der ultimative Mesa Karten Guide für LinuxCNC

7i97T Mesa Card

Wer sich etwas mit LinuxCNC beschäftigt hat, kommt um den Begriff "Mesa Karten" nicht herum. Doch was sind diese Karten eigentlich und warum eignen sie sich so sehr für den Selbstbau bzw. den Retrofit einer CNC-Maschine?

Wofür werden Mesa-Karten genutzt?

Kurz gesagt sind Mesa Karten das Bindeglied zwischen dem PC, auf welchem die Steuerung für die CNC Maschine läuft, und der Elektronik der Maschine, also Motortreibern, Encodern, Knöpfen, Lampen etc. Mesa Electronics ist eine Firma aus Kalifornien, welche diese Platinen herstellt, daher der Name.

Die Karten kommunizieren mithilfe von Ethernet oder dem PCI Port mit dem Hauptrechner. Dieser sendet und empfängt dabei Daten zur Karte. Es gibt eine ganze Reihe von unterschiedlichen Karten, mit welchen sich beispielsweise digitale und analoge Ein- und Ausgänge schalten lassen, Motortreiber ansteuern lassen oder Positionsgeber (Encoder) auslesen lassen.

Eine Besonderheit dieser Karten ist der verbaute FPGA Chip. FPGA steht für "Field Programmable Gate Array", was soviel wie "integrierter Schaltkreis" bedeutet. Dieser ist in der Lage, zusätzliche Berechnungen in Highspeed durchzuführen, für welche der Steuerungs-PC evtl. zu langsam ist. Ein Beispiel dafür ist die Generierung von Schritten für Motortreiber. In Verbindung mit LinuxCNC lässt sich damit Echtzeitfähigkeit realisieren, was zu einer sehr zuverlässigen Maschinenansteuerung auf Industrieniveau führt. Dieser FPGA ist allerdings auch der Grund für die verhältnismäßig teuren Preise der Mesa Karten.

Werden mehrere Karten kombiniert, ist es wichtig, dass es eine "Hauptkarte" mit integriertem FPGA-Chip gibt. Dies ist die Karte, die direkt mit dem PC kommuniziert. Die anderen Karten der Kombination, auch "Daughter Cards" oder Tochterkarten genannt, benötigen keinen FPGA.

Wie kombiniert man Mesa Karten?

Die passende Kombination für seine Maschine zu finden, kann bei dem großen Angebot überwältigend wirken. Wenn man jedoch einige Schritte befolgt, kommt man schnell zum gewünschten Ergebnis. Alternativ kann auch unser Mesa Karten Kombinations Tool genutzt werden.

Benötigte Ein- und Ausgänge

Zuallererst sollte man sich Gedanken machen, welche Ein- und Ausgänge benötigt werden, um alle Funktionen der Maschine abzudecken. Die wichtigsten Ausgänge sind dabei wohl die für die Ansteuerung der Achstreiber. Diese ist von Treiber zu Treiber unterschiedlich, die gängigsten sind jedoch Step/Direction und Analog +/-10V. Für beide gibt es die jeweils passende Mesa Karte. Außerdem gibt es Karten mit digitalen sowie analogen Ein- und Ausgängen, Eingängen für Positionsgeber, Handräder und vieles mehr. Eine Übersicht bietet die untenstehende Tabelle.

PC Schnittstelle

Die wichtigste Entscheidung ist die Verbindung von der Karte zum PC. Dafür bietet Mesa 3 Möglichkeiten an:

1. Ethernet

Der gängigste Weg ist die Verbindung via Ethernet. Hierbei wird lediglich ein freier Ethernet Port am Steuerungsrechner benötigt. Dort wird dann die Karte über ein einzelnes LAN-Kabel angeschlossen. Wichtig dabei zu beachten ist, dass eine direkte Verbindung vonnöten ist. Es kann also kein Ethernet-Switch oder Ähnliches genutzt werden. Dies bedeutet auch, dass dieser Ethernet Port nicht mehr für die Internetverbindung genutzt werden kann, sondern entweder ein weiterer Port oder ein USB Adapter vonnöten ist.

2. PCI Port

Der PCI Port war lange Zeit die einzige Möglichkeit, um eine Maschine mit LinuxCNC zu steuern. Jedoch besitzen immer weniger PCs einen solchen Port, weshalb diese Möglichkeit der Verbindung immer weiter in den Hintergrund rückt. Die Mesa Karte wird dabei direkt in den PCI Port des PCs eingesteckt und es lassen sich sogar teilweise bessere Übertragungsraten als mit Ethernet erreichen, welche in der Praxis aber selten notwendig sind.

3. SPI

Eine Verbindung über SPI ist besonders für Menschen interessant, die einen Raspberry Pi als Steuerungsrechner verwenden wollen. Die Verbindung erfolgt über die GPIO Pins des Raspberries.

Verbindung untereinander

Oftmals decken die Hauptkarten nicht alle benötigten Ein- und Ausgänge ab. Dann besteht die Möglichkeit, zusätzliche Tochterkarten zu verbinden. Auch dafür gibt es verschiedene Schnittstellen.

50 Pin

Manche Karten sind mit einem Verbinder mit 50 Pins ausgestattet. Dieser ist direkt mit den I/O-Pins des FPGA verbunden und bietet Highspeed Kommunikation mit anderen Karten an. Tochterkarten benötigen dann ebenfalls eine 50 Pin Schnittstelle.

DB25

Die DB25 Schnittstelle ist ähnlich wie die 50 Pin Schnittstelle, sie besitzt jedoch eine kleinere Signalbandbreite, da nur 25 statt 50 Pins zur Verfügung stehen. Teilweise gibt es auch 26 Pin Schnittstellen, diese sind jedoch mit der DB25 untereinander kompatibel.

SmartSerial/SSerial

SmartSerial ist ein eigenes Protokoll von Mesa, basierend auf dem RS-422 Standard. Dieser Verbindungstyp ist etwas langsamer als die oben vorgestellten 50 Pin/DB25 Schnittstellen, weshalb SmartSerial Karten typischerweise keine Schnittstellen für Motortreiber oder Encoder bieten. Für generelle I/O Aufgaben, wie beispielsweise das Schalten von Relais oder Eingaben via Knöpfe sind sie jedoch bestens geeignet. Die Verbindung via SSerial erfolgt mit einem Ethernet-Kabel, welches an einem Ende in den RJ45 Port der Karte gesteckt und am anderen Ende aufgetrennt und direkt mit den Klemmen der Tochterkarte verbunden wird. Auch wenn ein Ethernet-Kabel verwendet wird, ist diese Verbindung kein Ethernet. Der Einsatz von Ethernet Switches oder Routern funktioniert also nicht. Falls mehrere SSerial Schnittstellen benötigt werden, gibt es spezielle Karten, wie zum Beispiel die 7i74.

Überblick der gängigsten Karten

Einen groben Überblick über die gängigsten Mesa Karten mit allen Schnittstellen und Ein-/Ausgängen bietet folgende Tabelle: Mesa Card Overview

Beispielhafte Konfiguration

Um die ganze Kombination etwas verständlicher zu machen, wird hier eine beispielhafte Konfiguration für eine CNC Fräsmaschine vorgestellt.

Ausgangslage

Die Maschine in unserem Beispiel verfügt über 3 Achsen, welche mithilfe von Step/Direction Signalen angesteuert werden. Außerdem verwenden wir eine Spindel mit einem 0-10V Eingang und jede Achse verfügt über Glasmaßstäbe für die Positionserkennung. Wir planen je ein Relais für die Schmierpumpe, die Kühlmittelpumpe, unsere Beleuchtung und die Werkzeugklemmung der Spindel, also insgesamt 4. Außerdem wollen wir ein Bedienpanel mit einigen Tastern und einem Handrad verbauen.

Wahl der Hauptkarte

Da die Verbindung zu unserem Steuerungs-PC über Ethernet erfolgen soll und unsere Achstreiber Step/Dir Signale verwenden, bietet sich die 7I96S an. Diese bietet Ausgänge für bis zu 5 Achsen, einen Analogausgang für unsere Spindel und 11 digitale Eingänge sowie 6 digitale Ausgänge. Die digitalen Ausgänge reichen also für unsere Relais aus, wir haben sogar noch 2 frei.

Wahl der Tochterkarten

Jetzt fehlen uns noch die Encoder Eingänge. Dafür verwenden wir eine 7i85S, welche wir mit einem Flachbandkabel über die DB25 Schnittstelle verbinden. Für unser Bedienpanel ergibt es Sinn, in eine weitere Karte zu investieren, damit wir diese über ein einziges Ethernet-Kabel mit den anderen Karten in unserem Schaltschrank verbinden können. Dafür verwenden wir die 7i73, welche wir über SSerial mit der 7i96S verbinden. Die 7i73 bietet genug Eingänge für unsere Taster und unser Handrad. Sample Card Configuration

Mesa Karten in Deutschland kaufen

Da die Firma Mesa Electronics ihren Sitz in den USA hat und ihre Karten auch nur von dort vertreibt, sollte in Deutschland auf einen Handelspartner gesetzt werden, um die hohen Einfuhrkosten zu vermeiden. Händler aus der EU, welche auch nach Deutschland liefern,E sind beispielsweise Welectron oder EUSurplus. Allerdings sind viele Karten dort häufig ausverkauft.